5G als Grundpfeiler der Schweizer Infrastruktur
Ohne Telekommunikation fahren keine Züge und werden keine Päckchen verschickt. Deshalb ist es wichtig, die Mobilfunknetze stabil zu halten – und das funktioniert nur, wenn man mit dem technologischen Fortschritt geht. Prof. Dr. Matthias Finger zeigt, warum eine kontinuierliche Modernisierung der Kommunikationsinfrastruktur unerlässlich ist.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts haben Infrastrukturen wie Logistikkanäle der Post, Eisen- und Strassenbahnen oder Stromnetze die erfolgreiche wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der Schweiz ermöglicht. So hat die Entwicklung des Bahnnetzes den Handel innerhalb der Schweiz und darüber hinaus enorm verbessert. Der Infrastrukturausbau im 19. Jahrhundert trug zur Industrialisierung bei und ermöglichte den Transport von Waren und Rohstoffen. Im 21. Jahrhundert gehört auch die Telekommunikation zur Basisinfrastruktur. Denn sie dient als Grundlage für eine Vielzahl von Anwendungen. Sowohl die Post, die Strassenbahn aber auch die Stromversorgung sind von den Telekommunikationsnetzwerken abhängig. Für den Präsidenten der Kommunikationskommission Christian Martin sind die Datennetze sogar von bedeutender Wichtigkeit als Autobahnen und Tunnels (Telekom-Aufseher: «Bei den Glasfasern sind wir nur Mittelmass» (nzz.ch)).
Die heutigen Mobilfunknetze stossen jedoch an ihre Grenzen und müssen ausgebaut werden. Dies erfolgt sinnvollerweise mit der neusten Technologie. 5G ist die Weiterentwicklung des heutigen Mobilfunkstandards 4G. 5G ermöglicht deutlich leistungsfähigere Mobilfunknetze. Viel grössere Datenmengen, mehr gleichzeitige Verbindungen, eine sehr tiefe Reaktionszeit (Latenz) und schnellere Datenübertragung. Damit genügen die Netze den steigenden Anforderungen auch längerfristig. Bei den bestehenden Strassen- und Bahninfrastrukturen beispielsweise führt die 5G-Technologie zudem zur besseren Nutzung sowie Schonung der bestehenden Ressourcen. So kann in Echtzeitübertragung zwischen Sensoren, Geräten und Infrastrukturen der Verkehrsfluss optimiert werden.
Engpässe und Verzögerungen bei der Infrastrukturmodernisierung
Die zunehmende digitale Vernetzung benötigt leistungsstarke Mobilfunknetze. Im Vergleich mit den anderen Infrastrukturen verläuft die technologische Entwicklung bei der Telekommunikation rasend schnell. Eine fortlaufende Modernisierung des Datennetzes ist unabdingbar, um einerseits die zunehmenden übertragenden Datenmengen stemmen und andererseits die Effizienz und Zuverlässigkeit dieser Basisinfrastruktur sicherzustellen zu können. Diese Dringlichkeit wird auch auf politischer Ebene erkannt: Der Bundesrat hat eine Revision der Verordnung über Fernmeldedienste gutgeheissen, und damit die Internetgeschwindigkeit auf das Achtfache erhöht. Seit diesem Jahr ist die Übertragungsrate von 80Mbit/s garantiert.
Doch nicht überall läuft die Modernisierung reibungslos. Momentan sind über 3000 Baugesuche für Mobilfunkantennen hängig. Im Schnitt brauchen Antennenprojekte mindestens drei Jahre bis zur Umsetzung. Insbesondere gesundheitliche Bedenken und daraus folgende einzelne Einsprachen aus der Bevölkerung sorgen für Verzögerungen. Und das, obwohl 5G-Anlagen für die gleiche Datenmenge weniger Strahlung erzeugen und weniger Energie verbrauchen. Nach Angaben des Bundes wird der 5G-Ausbau unter den derzeitigen Voraussetzungen mehr als zehn Jahre dauern. Dazu kommt, dass jedes Jahr in der Schweiz mehrere Dutzend Mobilfunkanalagen abgeschaltet werden und der rechtzeitige Ersatz durch die Mobilfunkbetreiber oftmals mit grossen Herausforderungen verbunden ist. Dadurch gibt es noch heute Orte in der Schweiz, die kein reibungslosen Zugang zu Internet haben.
Prof. Dr. Matthias Finger
Autor des Buches «Infrastruktur Schweiz. Ein Erfolgsmodell in Gefahr»
Ihr Titel des Buches lautet «Infrastruktur Schweiz. Ein Erfolgsmodell in Gefahr». Was sind die Gefahren im Hinblick auf die Telekominfrastruktur?
Ich sehe die Hauptgefahr darin, dass man auf politischer Ebene nicht erkennt, wie zentral die Telekominfrastruktur für das Funktionieren des Landes ist; damit meine ich die Standortattraktivität und die Lebensqualität. Nur die Elektrizität ist noch zentraler, denn ohne Elektrizität funktioniert auch Telekominfrastruktur nicht!
Welche Rolle spielt dabei der Ausbau von 5G als Basisinfrastruktur für die Festigung des Standortvorteils in der Schweiz?
5G, zusammen mit Fiberoptikkabeln, insbesondere FTTH (Fiber-To-The-Home), bilden die infrastrukturelle Basis der Digitalisierung. 5G (und Fiberoptik) sind aus meiner Sicht nicht einfach ein Standortvorteil, sie sind ganz einfach ein „must“.
Was braucht es konkret, um in der Schweiz beim Mobilfunk als Basisinfrastruktur nicht den Anschluss zu verpassen?
Es wäre gut, wenn die Unternehmen, die heute die 5G-Infrastruktur in der Schweiz ausrollen, der Politik und der Gesellschaft klar machen könnten, dass es mehr als diese Telekom-Basisinfrastruktur braucht, damit das Land auch in der heutigen digitalen Welt wettbewerbsfähig wird. Ich denke hier insbesondere an digitale Service public Dienstleistungen, von gleicher Qualität, wie wir sie auch beim physischen Service Public kennen.
Sie sprechen in ihrem Buch häufig von der Digitalisierung. Warum?
Der Standortvorteil eines jeden Landes hängt letztendlich von einer erfolgreichen Digitalisierung ab. Eine gute Telekominfrastruktur ist zwar ein erster unabdingbarer Schritt in Richtung Digitalisierung, also eine erste Bedingung, aber eine gute Telekominfrastruktur führt nicht automatisch zu einer erfolgreichen Digitalisierung. Und dafür braucht es zwei ganz wichtige institutionelle Rahmenbedingungen.
Dazu gehören?
Erstens, eine umfassende und rechtlich solid abgestützte Datenpolitik, denn die Verfügbarkeit von Daten sowie der Datenschutz und die Datensicherheit sind die Grundlage dafür, dass die digitale Wirtschaft und Gesellschaft das Potential der Digitalisierung ausschöpfen kann. Eine solche umfassende, das heisst sektorübergreifende, Datenpolitik fehlt leider bis heute in unserem Land.
Zweitens braucht es für eine erfolgreiche Digitalisierung landesweite, effiziente und leicht zugängliche digitale Dienstleistungen in gewissen für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zentralen Schlüsselbereichen. Solche Schlüsselbereiche wären aus meiner Sicht mindestens der Zahlungsverkehr, die Gesundheit, die sozialen Dienstleistungen, die Dienstleistungen der Infrastrukturen (Transport, Energie, Wasser), sowie generell die Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung. All diese digitalen Instrumente müssten mit einer einfachen und unzweideutigen elektronischen Identität zugänglich sein. Dies heisst nicht, dass der Staat diese digitalen Dienstleistungen selbst erbringen muss. Aber der Staat muss, aufbauend auf einer umfassenden Datenpolitik, dafür schauen, dass diese Dienstleistungen landesweit, erschwinglich und leicht zugänglich von jemandem erbracht werden. Das Bewusstsein, dass es diese Dienstleistungen und eine sie ermöglichende Datenpolitik für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz überhaupt braucht, fehlt leider.