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Mobilfunk und 5G: Aktuelle Situation in der Ostschweiz

2. September 2021

CHANCE5G hat schweizweit fünf Stützpunkte, die sich in ihren Regionen für 5G einsetzen und den faktenbasierten Dialog pflegen. In einer Interviewserie erklären die verschiedenen Vertreter, wie die Situation um 5G in ihren Regionen aussieht, wo die Knacknüsse liegen und welche Schwerpunkte sie setzen. Den Start macht die Ostschweiz mit Stützpunktleiter Manfred Spiegel.


Wie ist die aktuelle Situation bezüglich Mobilfunkabdeckung und 5G-Ausbau in der Ostschweiz?
In den Agglomerationen ist die 5G-Verbreitung deutlich weiter fortgeschritten als in den vielen ländlichen Gegenden in unserer Region. Der Gesamtausbau muss darum dringend weiter vorangetrieben werden. Hier sind die Kantone gefordert. Der Kanton Thurgau zum Beispiel treibt den Ausbau viel zu wenig konsequent voran, die Behandlung von Einsprachen dauert viel zu lange.


Woran liegt das und welchen Einfluss haben die Diskussionen zu 5G?
Dass es zu solchen Verzögerungen kommen kann, ist nicht wirklich nachvollziehbar. Mit dem Einreichen eines Baugesuchs hat der Bauherr auch das Recht, dass über das Baugesuch innert der gesetzlichen Frist entschieden wird. Aber es ist sicher auch so, dass die polarisierten Diskussionen einen Einfluss haben, weil sich diese hauptsächlich um das Thema Gesundheit und Strahlenbelastung drehen und der Nutzen von 5G weitgehend ausgeblendet wird. Es gibt noch immer falsche Vorurteile, dies auch weil die Stimmen der Gegner intensiver und deutlich lauter als diejenigen der Befürworter sind. Die Messmethoden müssen darum glaubwürdig kommuniziert werden. Wichtig dabei ist, dass die «Physik» nicht mit dem «Glauben» vermischt wird. Fakten der befürwortenden Seite müssen stärker gewichtet und abstruse Behauptungen der Gegnerschaft auch als solche entlarvt werden. Reaktionen aus der Bevölkerung bestätigen, dass die faktenbasierte Darlegung als überzeugend geschätzt wird. Die Mehrheit der Bevölkerung befürwortet den 5G-Ausbau. Sie sollten sich deshalb unbedingt aktiver zum Ausbau äussern.


Weshalb engagieren sich nicht mehr Befürworter?
Weil viele die Notwendigkeit und die Wichtigkeit für Wirtschaft und Gesellschaft unterschätzen, da der Mobilfunk bis jetzt mehr oder weniger gut funktioniert hat. Auch exponieren sich leider viele Politiker im Thema nicht, weil sie sich zu Unrecht vor möglichen Reaktionen fürchten. Ich erwarte darum insbesondere von den Wirtschaftsverbänden, dass sie sich stärker um das Thema Mobilfunk und 5G kümmern.

«Zukunftstechnologien sind ein wichtiger Baustein für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung und damit auch essentiell für die Ostschweizer Jugend»

Inwiefern ist 5G denn wichtig für die Ostschweizer Wirtschaft und Gesellschaft?
Wir sind eine sehr ländlich geprägte Region mit einem hohen Anteil an Gewerbe, Industrie und Dienstleistung. Unsere Industrie braucht 5G, um die Digitalisierung in den Fertigungsprozessen und der Leistungserbringung sicherzustellen. Der Tourismus braucht die Abdeckung, weil Touristen auch im Urlaub eine hohe Bandbreite und schnelle Verbindungen wünschen, um die mobilen Endgeräte effizient einsetzen zu können. Die Ostschweiz und vor allem der Thurgau hat zudem eine hohe Zuzugsrate von Personen aus dem Raum Zürich, mit hohen Ansprüchen, sei es in der Mobilität oder im Bereich Kommunikation. Hohe Bandbreiten sind die Grundlagen für integrierte Mobilitätskonzepte und für das angenehme Reisen in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Einerseits um auf dem Arbeitsweg arbeiten zu können und anderseits für die Gäste, die unsere Region besuchen. Attraktive und moderne Infrastrukturen helfen zudem auch in der wichtigen Ansiedlung neuer Firmen für Arbeits- und Ausbildungsplätze.


Welche Rolle nehmen die Gemeinden beim 5G-Ausbau ein und wie können sie unterstützt werden?
Die Gemeinden verweisen immer wieder auf Kanton und Bund und warten darauf, dass die Vorinstanzen Entscheide fällen. Wenn es Probleme gibt, kann man sich sehr gut hinter der Vorinstanz verstecken. Viele Gemeinden verhalten sich zu passiv, weil man weiss, dass 5G bei einem Teil der Bevölkerung ein schwieriges Thema ist. Gemeinden sollten im Bereich der Rechtssicherheit und deren Umsetzung unterstützt werden. Die Vorgaben bezüglich Bauzonen, Baureglement und Realisierungsvorschriften sind vorhanden und bekannt.


Was sind die aktuellen Schwerpunkte Ihrer Tätigkeit als Stützpunktleiter?
Aufklärungsarbeit in verständlicher und glaubwürdiger Form. Ich nehme Stellung zu Leserbriefen und bringe mich nach Wunsch in die Diskussionen bei laufenden Baugesuchen in den Gemeinden ein. Ich nutze mein Netzwerk und diskutiere über 5G mit den Exponenten von Verbänden und der Politik. Ein Schwerpunkt ist für mich die Gewinnung von Befürwortern, die den 5G-Nutzen verstehen und sich deshalb auch mit Überzeugung persönlich dafür einsetzen. Auf Initiative von Jungpolitikern der FDP Thurgau ist ein Filmbeitrag geplant, bei dem die Bevölkerung sachlich über die Chancen und den Nutzen der 5G-Technolgie für uns in der Ostschweiz informiert wird. Zudem nutzen erste CHANCE5G-Botschafter Blog-Möglichkeiten und informieren direkt über Social Media. Das hilft zur Versachlichung und trägt zur breiten Meinungsbildung bei.


Was muss getan werden, damit der 5G-Ausbau in der Ostschweiz vorankommt?
Wir müssen bei uns konkreter und konsequenter für den Ausbau von 5G, in Ergänzung zur Erschliessung mit Glasfasern, einstehen und zwar alle: Politik, Wirtschaft, Verbände und Organisationen. Es geht nicht um Technologie, sondern um unseren Wirtschafts-, Wohn- und Lebensraum und somit um unsere Standortattraktivität. Insbesondere auch die Jungen müssen erkennen, dass sie mit dieser Zukunftstechnologie und einer raschen Versorgung mit 5G einen wichtigen Baustein für ihre persönliche Zukunft erhalten.

 

Zur Person
Manfred Mani Spiegel, Stützpunktleiter von CHANCE5G in der Region Ostschweiz, wohnt in Hauptwil TG und ist als Unternehmer und Verwaltungsrat tätig. Er ist ein Urgestein in der Telecombranche und unter anderem auch Initiant und Gesamtprogrammleiter des Vereins Smarter Thurgau. Manfred Spiegel ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.

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