5G-Ausbau: Ein Blick über die Grenzen
Während sich der 5G-Ausbau in der Schweiz verzögert, wird 5G in Europa als Schlüsselinfrastruktur verstanden, um die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise in Gang zu bringen und die nachhaltige Entwicklung voranzutreiben: Grüner, digitaler und resilienter dank 5G. Wir schauen, was das für unsere Nachbarsländer bedeutet.
In allen europäischen Ländern wurden Gesellschaft und Wirtschaft durch Covid-19 schwer getroffen. Mit dem «EU Recovery Plan» sollen kurzfristige Auswirkungen gedämpft und die Erholung der Wirtschaft in Gang gebracht werden. Gleichzeitig soll die Weiterentwicklung zu einem grünen, digitalen und resilienten Europa angestossen werden. Rund € 750 Mia. sollen in den Aufbau mit «Next Generation EU» bereitgestellt werden. Ein Fokus liegt dabei auf der Breitbandinfrastruktur, namentlich dem Ausbau der 5G-Netze: Die EU-Kommission hat Empfehlungen erlassen, um «…Investitionen in die Breitbandinfrastruktur mit sehr hoher Kapazität, einschließlich 5G, anzukurbeln, die der grundlegendste Baustein der digitalen Transformation und eine wesentliche Säule des Aufschwungs ist.»
Die Empfehlungen der EU-Kommission haben zum Ziel, den 5G-Ausbau zu beschleunigen und die Kosten für den Netzausbau zu reduzieren. Beispielsweise durch eine Straffung der Bewilligungsprozesse, die nicht länger als vier Monate dauern sollen. Oder durch vereinfachte Bewilligungsverfahren für den 5G-Upgrade auf bestehenden Anlagen. Zudem soll die öffentliche Hand Gebäude, Grundstücke oder Infrastrukturen für den Bau neuer 5G-Anlagen zur Verfügung stellen.
Mobilfunkstrategie und Technologieförderung in Deutschland
Bereits 2017 hatte die Bundesregierung eine «5G-Strategie für Deutschland» beschlossen. Danach fördert der Bund die Kooperation zwischen den Mobilfunkanbietern und Anwenderunternehmen, initiiert den 5G-Ausbau in Städten und Gemeinden und beschleunigt den Ausbau der 5G-Netze. Für Forschung und Entwicklung zu 5G wurden € 80 Mio. bereitgestellt. In einem zweiten Schritt hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur 2019 eine detaillierte Mobilfunkstrategie beschlossen, um Deutschland als «Leitmarkt für 5G» zu positionieren. Konkrete Massnahmen umfassen:
- Empfehlungen zur Mitbenutzung öffentlicher Infrastrukturen, um einen raschen und ressourcenschonenden 5G-Ausbau zu ermöglichen
- Förderung und Unterstützung von Innovations- und Anwendungsprojekten (bis zu € 100’000 pro Gemeinde)
- Bewilligungsfreier Bau von Kleinanlagen
- Bereitstellung von Gebäuden und Grundstücken des Bundes und der Deutschen Bahn für Mobilfunkanlagen
- Stärkung der Akzeptanz in der Bevölkerung durch einen runden Tisch und einen Leitfaden
- Beschleunigung der Bewilligungsverfahren
Von diesen Fördermassnahmen profitiert beispielsweise die Stadt Wolfsburg im Bundesland Niedersachsen, wo das Fussballstadion mit 5G ausgerüstet wird. Die Regierung von Niedersachsen hat zusätzlich beschlossen, den flächendeckenden 5G-Ausbau mit € 70 Mio. zu unterstützten, damit auch Randregionen von 5G profitieren können.
Das Bundesland Nordrhein-Westfalen setzt auf Innovationsförderung. Dazu wurde zusammen mit den örtlichen Hochschulen und weiteren Partnern das Kompetenzzentrum 5G.NRW ins Leben gerufen und ein Wettbewerb für 5G-Anwendungen lanciert. 13 Projekte wurden ausgewählt und mit € 26 Mio. unterstützt. Die Projekte reichen von einer besseren Versorgung von Schwerstverletzten über grössere Sicherheit für Fahrradfahrer bis zu in Echtzeit optimierten Schweissprozessen. Eine zweite Runde des Wettbewerbs wurde Anfang September 2020 gestartet.
Österreichs Weg zum 5G-Vorreiter
Österreich verfolgt das erklärte Ziel, bis 2021 das 5G-Pilotland Europas zu werden. Der Ausbau der 5G-Infrastruktur wird mit konkreten Massnahmen erleichtert:
- Vereinfachung der Bewilligungsverfahren oder gar Verzicht auf Bewilligungen, wie dies heute schon im Bundesland Niederösterreich der Fall ist
- Senkung der Gebühren
- Zurverfügungstellung öffentlicher Liegenschaften oder Grundstücke, wobei die Mietpreise ein im internationalen Vergleich übliches Niveau nicht überschreiten sollen.
Noch einen Schritt weiter geht die Stadt Wien, welche einen raschen Umbau bestehender Mobilfunkanlagen auf 5G und den Bau neuer 5G-Anlagen aktiv und finanziell fördert. Insgesamt stehen € 20 Mio. bereit und der maximale Förderbeitrag für eine Mobilfunkanlage beträgt € 27'500. Damit will die Stadt Wien sicherstellen, dass rasch 720 5G-Anlagen in Wien realisiert werden können. Die Stadt Wien nutzt auch konkrete 5G-Anwendungen. So wurden Projekte gestartet, um digitale Dienste in den Bereichen virtuelles Lernen an Schulen, telemedizinische Wundversorgung in der Pflege oder Drohnen bei der Feuerwehr einzuführen.
Aufholjagd in Frankreich lanciert
Frankreich hat eine «Road-Map» für 5G veröffentlicht, in der die strategische Bedeutung der neuen Technologie für Wirtschaft und Gesellschaft festgehalten ist. Zur Einführung von 5G werden vier Handlungsfelder identifiziert:
- Zuteilung der neuen 5G-Frequenzen
- Förderung neuer industrieller Anwendungen
- Günstige Rahmenbedingungen für einen raschen 5G-Ausbau schaffen
- Transparenz sowie einen Dialog über Exposition gewährleisten
Die Road-Map wurde 2018 beschlossen, und die Zuteilung der Frequenzen erfolgte im Oktober 2020. Damit liegt Frankreich im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern beim 5G-Ausbau deutlich zurück. Dies hat aktuell Präsident Macron bewogen, öffentlich eine «Wende zu 5G» zu postulieren. Der Ausbau der 5G-Infrastruktur wird zur Chefsache und Präsident Macron erteilt Forderungen nach einem 5G-Moratorium eine deutliche Absage.
Und was macht die Schweiz?
Dank dem raschen Vorgehen des Bundesrates konnten die Mobilfunkanbieterinnen in der Schweiz früh und schnell mit dem 5G-Ausbau starten und aktivierten 2019 die ersten 5G-Netze Europas. Der Ausbau geriet aber aufgrund der lautstarken Opposition von Mobilfunkkritikern sowie den darauffolgenden kantonalen und kommunalen Blockaden ins Stocken. 5G ist wichtig für die Schweiz – es ist nun an der Politik und der Branche, ein weiteres Zurückfallen unseres Landes zu verhindern.
Dieser Beitrag basiert auf einer Recherche des Schweizerischen Verbands der Telekommunikation asut.