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Volksinitiativen gegen Mobilfunk – was wollen sie? (2)

24. Februar 2021

Fünf Komitees von Mobilfunkgegnern setzen sich derzeit auf nationaler Ebene ein, Volksinitiativen gegen 5G bzw. den Mobilfunk insgesamt zu lancieren. Was wollen diese Initiativen und was wären die Konsequenzen, wenn das Volk zustimmt? Wir schaffen einen Überblick und nehmen die einzelnen Vorstösse unter die Lupe. Heute: Die Mobilfunkhaftungs-Initiative.

In einem früheren Beitrag haben wir eine Übersicht publiziert und die Folgen der «Eidgenössischen Volksinitiative für einen gesundheitsverträglichen und stromsparenden Mobilfunk» beleuchtet. Heute werfen wir einen Blick auf den zweiten Vorstoss, für den zurzeit Unterschriften gesammelt werden: die Mobilfunkhaftungs-Initiative (Initiativtext).

Die Mobilfunkhaftungs-Initiative stellt eine auf den ersten Blick einfache Forderung: Mobilfunkbetreiber haften für Personen- oder Sachschäden, die durch den Betrieb einer Sendeanlage verursacht werden. Provokativ schreibt das Initiativkomitee: «Auch diejenigen, die behaupten, Schäden durch Mobilfunkstrahlung seien nicht nachgewiesen, können hier unterschreiben. Denn es muss nur für wirkliche Schäden gehaftet werden.»

Verfassungstext verfehlt Ziel der Initianten
Das Anliegen klingt im Grundsatz erstmal vernünftig, hat aber eine gewichtige Schwachstelle: Es funktioniert nicht. Der Verfassungstext verfehlt das Ziel der Initianten. Das Komitee möchte eine Beweislast-Umkehr bewirken bei «Schäden», die durch Mobilfunkstrahlung verursacht werden. Davon abgesehen, dass eine Haftpflichtforderung ohne Schuldnachweis bereits stark gegen unser Rechtsverständnis geht, ist diese Klausel wirkungslos.

Der Grund liegt in den Anforderungen an eine Schadensersatz-Forderung. Eine solche Forderung ist nur möglich, wenn die Schaden verursachende Person oder Organisation widerrechtlich gehandelt hat. Für den Betrieb einer Mobilfunk-Sendeanlage bestehen strenge rechtliche Vorschriften (Umweltschutzgesetz, Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung). Werden diese Vorgaben eingehalten, ist der Betrieb rechtens. Und ohne Widerrechtlichkeit besteht keine Haftpflicht.

Das bestätigt auch der Bundesrat: «Wird eine Mobilfunkanlage nach den geltenden Vorschriften rechtmässig betrieben, ist davon auszugehen, dass verschuldensabhängige Haftungsbestimmungen … auch bei späteren neuen Erkenntnissen zur Schädlichkeit nicht greifen, da zum Zeitpunkt der Schadenverursachung keine Sorgfaltspflichtverletzungen vorliegen.»

Initiative bliebe ein «toter Artikel»
Die Annahme der Mobilfunkhaftungs-Initiative würde also ohne Effekt bleiben. Zwar könnte neu jede beliebige Person ohne Beweise eine Schadensersatzforderung stellen. Die Betreiber müssten dagegen aber einzig nachweisen, dass eine Sendeanlage ordnungsgemäss betrieben wird – eine Pflicht, die heute bereits besteht.

Mobilfunk ist nach heutigem Stand der Wissenschaft bei Einhaltung der internationalen Grenzwerte nicht gesundheitsschädlich. In der Schweiz gilt bei den Grenzwerten eine zusätzliche Vorsorgemarge, so dass die maximal zulässige Strahlung bis zu 10-mal geringer ist als in den meisten anderen Ländern. Die Einhaltung dieser Grenzwerte wird streng reglementiert und kontrolliert – ein allfälliger Verstoss wird mit den heutigen Gesetzen geahndet. Dazu braucht es keinen wirkungslosen Verfassungsartikel.

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